medium_7493920398Wenig überraschend bin ich schnell zu der Erkenntnis gelangt, dass Blogposts nur bedingt geeignet sind, um die Ergebnisse des Frauen-Zählens bekannt zu machen. Sie sind nicht schlecht und bei größeren Ereignissen sicher sogar gut geeignet.

Die Nachteile: Niemand kann die Zahlen weiterverwerten, es sei denn, sie werden wieder mit der Hand gezählt. Und ich muss alles selbst eingeben. Ich komme jetzt schon nicht nach, obwohl sooo viel gar nicht geschickt bzw. getweetet wird.

Viel praktischer wäre, wenn alle, die zählen, ihre Ergebnisse in ein Formular eingeben könnten und es hinterher eine Tabelle gäbe, die später zu hübschen grafischen Darstellungen verwandelt werden könnte. Von allen, die wollen. Open Data und so.

Natürlich wurde mir sofort vorgeschlagen, das doch über Google Docs zu machen. Total praktisch, in jeder Hinsicht. Sogar die Vorlage ist schon fertig, siehe Gender-Balance visualisiert.

Nun kriege ich aber selber schon Pickel, wenn ich in anderer Leute Google Docs herum schreiben soll, weil ich denen - also Google - nicht gern weiter die Datenbanken befülle, mit denen gesammelt und ausgewertet wird, was ich so mache. Ich kann also unmöglich andere Leute bitten, es ausnahmsweise für den guten Zweck zu tun.

Ich kenne kaum Alternativen, die halbwegs bequem über ein Formular ermöglichen, Daten zu sammeln und zu verarbeiten. Die ganz offene Variante, also etwa ein Etherpad oder Wiki, gefällt mir nicht (neben den technischen Schwierigkeiten mit den Tabellen), weil feministische Projekte im Netz bekanntlich nicht nur wohlwollend behandelt werden. Ein bisschen Kontrolle muss also schon sein. (Das Problem gäbe es übrigens auch bei Google Docs.)

Als nächstes dachte ich an Crowdmap, weil


  • es da ein Formular gibt, das angepasst werden kann,

  • die Daten in verarbeitbarer Form gesammelt werden,

  • es möglich ist, von irgendwem eingegebene Daten erst zu prüfen, bevor sie veröffentlicht werden.


Aber bei 50 Prozent geht es ja nicht darum, eine Karte zu produzieren. Sicher ein netter Nebeneffekt, aber nicht eigentlich das Ziel.

Ich wäre jedenfalls für sachdienliche Hinweise sehr dankbar, denn dass es viel gibt, was gezählt werden könnte, das steht schonmal fest.

 

Bild: Robert S. Donovan via photopin CC-BY-Lizenz


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[Update]

Konferenzen, Panels, Events, die nur oder fast nur mit Männern besetzt sind, leben davon, dass es Männer gibt, die mitmachen.

Klar ist es nicht einfach, eine Anfrage abzulehnen, bei einer attraktiven Konferenz auf dem Podium zu sitzen. Aus der Rolle des gefragten Experten in die des Nörglers zu wechseln, der schon wieder damit, dem total unsexy Gender-Thema, ankommt, noch weniger. Ob die mich dann nächstes Jahr überhaupt noch anfragen?

Wer ist sich seiner freelancenden Sache schon so sicher, darauf gut verzichten zu können?

(Interessant wäre, ob der Einkommensunterschied zwischen Freelancern und Freelancerinnen über den 23% liegt, die Deutschland Teil der Spitzenreiter unter den Gender-Pay-Gap-Ländern sein lässt - ich vermute, dass es da noch deutlich drastischer aussieht?)

small_14740709-1Inzwischen gibt es einige Initiativen, zumindest die Teilnahme an reinen 0-Prozent-Panels abzulehnen.

Die Referenten-Selbstverpflichtung "Keine Men-only-Podien in der deutschen Interaktiv-Wirtschaft" erklärt:

Internet- und Interactive-Konferenzen sind noch immer ein weitgehend frauenfreies Feld: Weniger als 15 Prozent aller ReferentInnen auf deutschsprachigen Konferenzen waren im vergangenen Jahr weiblich. Auf der Webciety 2013 waren gar mehr als 90 Prozent aller Vortrags-Slots von Männern besetzt.

(...)

Deshalb erklären die Unterzeichner dieses Aufrufs, dass sie künftig nicht mehr an öffentlichen Diskussionsrunden der Interaktiv-Wirtschaft teilnehmen werden, für die ausschließlich Männer eingeladen wurden.


Wer das unterstützt, kann sich einfach hier selbst eintragen.

Wolfgang Lünenburger-Reichenbach, kurz @luebue, hat im November in Von Pubertät und Podien gut erklärt, warum es für ihn keine Sache der Wohltätigkeit ist, nicht mehr mitzumachen.

Um es klar zu sagen: Ich halte es für eine Veranstaltung für schädlich, wenn sie an einem Format festhält (also vor allem Vorträge, Vorträge, Vorträge, dieses pubertäre Format), das systemimmanent nicht nur überwiegend uninteressant ist sondern auch viele Frauen, die ich kenne und für gute Lehrerinnen und Erzählerinnen halte, ausschließt.

An solchen Tagungen, die zusätzlich auch noch mich selbst langweilen, werde ich nicht mehr teilnehmen. Weder als Sprecher noch als Teilnehmer. Und das, obwohl ich mich sehr gerne reden höre.

Anlass war die "Social Media Economy Days 2012" mit 30 Referenten und der Offene Brief der Digital Media Women dazu. Weiter @luebue:
Was gar nicht geht, ist das mangelnde Problembewusstsein, das ich aus manchen "Diskussionen" rund um den offenen Brief heraus hörte. Ich bin fest davon überzeugt, dass der diesjährige Höhepunkt an misogyner Konferenzgestaltung wesentlich durch eine Mischung aus antiaufklärerischer Postgender-Haltung ("Frauen haben doch genau die gleichen Chancen, warum melden sie sich nicht mit guten Themen?") und einem veralteten und unattraktiven Tagungsformat (eben Vorträge von Rampensäuen) passieren konnte.

Damit sich etwas ändert, müssen Männer, die immer wieder angefragt werden für die Rampe - und in der zweiten oder dritten Reihe gehöre ich ja auch dazu, dies richtet sich also auch an mich, nicht nur an andere -, meines Erachtens eine Zeit lang etwas von dieser Rampe zurück treten.


Es wäre gut, wenn es davon noch mehr gäbe: das wäre dann der vielzitierte Strang, an dem wir gemeinsam ziehen müssen, damit sich was ändert.

 Update:

Aprica hat in Ein Versprechen gegen frauenlose Panels mehrere Beispiele gesammelt:


Über die Kommentare kamen noch

Eigene Blogposts schrieben in der Folge

 

In The Atlantic beschrieb Rebecca Rosen A Simple Suggestion to Help Phase Out All-Male Panels at Tech Conferences Pledges von Männern, nicht mehr an all-male Panels teilzunehmen. Darin auch die einfache Möglichkeit, per Klick am Pledge teilzunehmen. Leider musste dieses Projekt beendet werden, nachdem es sabotiert worden war. Sie verweist außerdem auf


 

Bilder:
Madison Guy via photopin,  by-nc-sa-Lizenz
vlauria
via photopin, by-sa-Lizenz


Das Frauen-Zählen ist eine eher deprimierende Aktivität, deswegen habe ich mich sehr gefreut, als heute folgende Meldung in meine Timeline gespült wurde:


Announcing Gender 50/50: Striving for Balance Among Social Media Week’s Global Community of Men and Women

.. Today, even more importantly, we are making a commitment that by the end of 2014, SMW — together with our community — commits to striving for a 50/50 balance in all our activities and in all cities. From our Advisory Boards to event hosts to speakers, we want SMW to be truly balanced in our representation of women and men.


Ziemlich spektakulär, finde ich. Die Social Media Week, die kein kleines Event ist, erklärt, dass sie überall 50 Prozent Frauen haben wollen: Gremien, Moderation, Panels. Respekt.

Hätte auch  der einen oder anderen Netzpolitik-Rubrik eine Meldung wert sein können .. nicht?


Speakers are 100% male.
Speaker count:
12 speakers total and 0 women

Brennpunkt "Medien und Recht"

24.04.2013       Kassel

Vortragsreihe 24.4./22.5./ 26.6.2013 (Sommersemester)


Topics (Tags):
kassel vortragsreihe medien Recht


Speakers are 20% male.
Speaker count:
51 speakers total and 41 women

paraflows.7 - Reverse Engineering

13.09.2012       Wien

Festival für Digitale Kunst und Kulturen


Topics (Tags):
50-prozent-plus wien kunst


Speakers are 94% male.
Speaker count:
128 speakers total and 8 women

Sónar Barcelona 2013

13.06.2013       Barcelona

Barcelona's 20th International Festival of Advanced Music and New Media Art


Topics (Tags):
barcelona musik festival


Speakers are 97% male.
Speaker count:
53 speakers total and 2 women

iico2013

13.05.2013       Berlin

"einer der wichtigsten Internet-Kongresse im deutschsprachigen Raum"


Topics (Tags):
konferenz Internet berlin


Frauen zählen ist nicht neu. female:pressure zählt seit einer Weile Frauen, die im Bereich elektronischer Musik und Computerkunst arbeiten: DJs, Musikerinnen und Produzentinnen, Vokalistinnen, bildende Künstlerinnen, Bookerinnen, Labelmacherinnen, Wissenschaftlerinnen und Akademikerinnen, die sich mit der Materie beschäftigen.


map-pourcent-zoom


 
Wir haben Line-Ups von Festivals untersucht, Veröffentlichungen von Plattenlabels, Frauenquoten in diversen Top 100 Listen. Die Ergebnisse sind erschütternd – selbst für uns, die wir mitten in der Szene zuhause sind. Die meisten Festivals, ob mit öffentlichen Geldern gefördert oder nicht, legen offensichtlich so gut wie keinen Wert auf einen adäquaten Frauenanteil und Diversität. Ähnliches gilt für Labelveröffentlichungen – in Deutschland, einem Epizentrum elektronischer Musik und ihren Künstlerinnen, genauso wie in vielen anderen Ländern. Ein Frauenanteil von 10 % kann heutzutage bereits als überdurchschnittlich gelten. Es ist inakzeptabel, dass wir uns im 21. Jahrhundert immer noch oft als einzige Künstlerin auf einem Festival wiederfinden. (Pressemitteilung am 8. März 13)

Female Pressure zählt aber nicht nur, sondern ist vor allem eine sehr gut gefüllte Datenbank, die nach Regionen, Ländern, Stilen, Berufen und Namen durchsucht werden kann. Außerdem gibt es natürlich einen Event-Kalender und nicht zuletzt auch viel Musik.

So eine Datenbank wäre für Frauen, die sprechen, auch eine feine Sache, dauert aber sicher noch ein Weilchen.

 

(Danke Barb Nerdy!)


Speakers are 100% male.
Speaker count:
4 speakers total and 0 women

telegraphen_lounge zur NEXT: 0 Prozent

23.04.2013       Berlin

2020 sind wir alle Cyborgs!


Topics (Tags):
cyborg medizintechnik next telekom prozent

telegraphen_lounge zur NEXT, 23. April 2013:  2020 sind wir alle Cyborgs!

(Veranstaltet vermutlich von der Telekom, nicht ganz eindeutig erkennbar)

Vier Männer plus Moderator = Null Prozent

Gezählt von Teresa Bücker, @fraeulein_tessa


Speakers are 100% male.
Speaker count:
7 speakers total and 0 women

Günther Jauch: Der Fall des Uli Hoeneß – vom Saubermann zum Steuersünder?

21.04.2013      

Ich bin mir nicht sicher, ob es Sinn macht, jede Talkshow zu zählen..? Jedenfalls:


Topics (Tags):
jauch tv


Moritz Stefaner hat sich damit beschäftigt, wieviele Frauen es im Bereich Daten-Visualisierung gibt, und wieviele zu dem Thema bei Konferenzen sprechen. Praktischerweise hat er das visualisiert:

gender-balance

Jedes Viereck ist eine Konferenz, braun sind die Männer, grün die Frauen. Dies hier ist nur ein Screenshot, aber bei ihm könnt Ihr noch ein paar Details anzeigen lassen, etwa wie sich das Verhältnis verändert (kaum), oder wie der Vergleich große und kleinere Konferenzen aussieht:

Gender balance in conferences on data visualization, creative code, information graphics

Das wäre auf jeden Fall ein praktisches Hilfsmittel auch für andere Themenfelder.

(Danke Lorenz!)


medium_4718590913Häufig bei Konferenzen, Podien, Talk-Shows reden mehr Männer als Frauen*. Oft auch nur Männer. Begründet wird das damit, dass es keine oder zuwenig kompetente Frauen im jeweiligen Gebiet gebe. Manchmal stimmt das, meistens nicht. Wer als kompetent gesehen wird, hängt natürlich auch von der Perspektive der Betrachenden ab.

Zum Thema gehört auch die Frage, wie interessante Podien gestaltet werden. In den allermeisten Fällen reden die, die immer zu einem Thema reden. Häufig langweilt das einen großen Teil des Publikums. Das liegt oft daran, dass 'große Namen' her müssen, dass für die Organisation wenig Zeit da ist, dass im Spezialgebiet XY keine Frauen zu finden sind, dass innerhalb eines bestimmten Kreises von etablierten Leuten Neue wenig Chancen haben. Wer viel redet, wird auch viel eingeladen.

Das sind nur einige der Aspekte, die eine Rolle spielen. Natürlich geht es nicht nur um Frauen, sondern um alle, die keine weißen, deutschen, akademischen Männer im mittleren Alter sind.

Natürlich ist die Quote nicht, was irgendwen glücklich macht, gut erklärt gerade von Antje Schrupp: Frauen in Zeiten der Quote . Das heißt aber nicht, dass die Zahlen deswegen keine Rolle spielten.

Irgendwann letztes Jahr gab es den Versuch, eine 'Speakerinnen-Plattform' zu starten, die Weiterentwicklung der Speakerinnen-Liste bei netzfeminismus.org. Der erste Versuch ist erstmal baden gegangen, aufgegeben ist die Idee aber nicht. Es fehlt derzeit an etwas Geld, an Webdesign und Motivation, aktiv mitzuarbeiten an etwas, das eigentlich relativ überschaubar ist: eine Datenbank mit Frauen, die zu bestimmten Themen reden können und wollen, thematisch nicht eingegrenzt. Der Bedarf ist eindeutig da, Interesse auch. Falls es also noch Interessierte gibt, die hier gern ein bisschen Energie reinstecken wollen: bitte meldet Euch per Mail oder Kommentare.

In der Zwischenzeit zählen wir weiter Frauen. Anne Schüssler hat das im März sehr schön beschrieben:

Die Ungleichbehandlung von Mann und Frau ist heute deutlich subtiler und man muss da schon eher im Detail gucken und sich im Zweifelsfall dann eben über kleine Dinge aufregen, die eigentlich gar nicht schlimm sind, wenn sie nicht Teil eines viel größeren Problems wären.

Deswegen zähle ich Frauen.

Ich zähle Frauen, wenn ich in irgendwelchen Meetings bin, wenn ich auf Konferenzen bin, wenn ich die Liste der Speaker für irgendeine Konferenz vorliegen habe (und die nicht zwingend technisch sein muss), wenn ich eine Fachzeitschrift durchblättere, wenn ich Fernsehen gucke oder einfach nur die Fernsehzeitung durchblättere, und in vielen anderen Situationen. Und meistens ist die Zahl, die dabei rauskommt sehr traurig.


Ich zähle auch sehr oft, und habe deswegen jetzt ein eigenes Blog dafür angefangen, um die Zählereien zu dokumentieren und mit ein bisschen Material anzureichern. Wer auch ab und zu zählt und damit hier verewigt werden möchte: SEHR gern! Genauso interessiere ich mich für gute Texte, Bilder, Videos, Cartoons zum Thema.

Warum ich damit heute angefangen haben? Weil beim tazlab heute in Berlin nur 36% Frauen waren. Wenn ich mich nicht verzählt habe. Aber viel mehr waren es jedenfalls nicht.

 

* Mit Frauen meine ich der Einfachheit halber alle, die sich selbst als eine sehen

Foto: Alexa Clark, Flickr, CC-BY-NC-Lizenz


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